Von Copacabana nach Cuzco

Am 1. September habe ich dann die Grenze von Bolivien Richtung Perú überschritten. Einige Meter muss man an der Grenze zu Fuß laufen, während der Bus mit dem Gepäck abgefertigt wird, ehe man dann auf peruanischer Seite nur kurze Zeit später wieder in den Bus steigen kann.

"Städtisches Stadion von Pucara"

Ein bisschen Landwirtschaft

In Cuzco habe ich knapp zwei Tage mit Bettina und Jörg verbracht, die ich auf der Fahrt von Cuzco nach La Paz am 7.8. kennengelernt hatte.

Dann zog es mich weiter in den Norden. Mein letzter Reisemonat war angebrochen, ich wollte noch Kondore sehen und auf den Galápagos-Inseln tauchen. Also fuhr ich am 3.9. um 14 Uhr von Cuzco zunächst nach Lima (21 Std. Fahrt). Da hatte ich gut 11 Std. Aufenthalt. Um 22:30 Uhr dann die nächste Etappe von Lima nach Huaraz (8 Std. Fahrt). Am 5.9. stand ich also morgens um 6:30 Uhr ziemlich müde in Huaraz. Und hatte keine Ahnung, was mich die nächste Woche erwarten würde.

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31.8. Isla del Sol

Die Sonneninsel im Titicacasee, von der der Sage nach die Inka stammen und wo die Sonne geboren wurde, wird von vielen, die dort waren, in den höchsten Tönen gelobt. Ich kann dem touristisch verkommenen Eiland nichts abgewinnen, spare mir sogar die geplante Nacht im Zelt und fahre nachmittags wieder zurück aufs Festland. JEDER Inselbewohner zwischen 4 und 100 Jahren fragt einen, meist auf „Englisch“ (ein paar schwer verständliche, auswendig gelernte Phrasen), ob man eine Unterkunft braucht, ob man bei ihm/ ihr essen will (jede 2. Hütte hat ein Schild „Pizzeria“ außen an der Tür), ob man touristischen Nippes kaufen will usw. Ich stelle inzwischen auf Stur, wenn mich jemand auf Englisch anspricht, und frage dann auf Spanisch, ob er/ sie auch Spanisch spricht. Eine reine Trotzreaktion meinerseits gegen den Identitätsverlust der Einheimischen. Abends, wieder in Copacabana, besteige ich noch den Cerro Calvario und sehe mir den Sonnenuntergang an.

Die Ausmaße des Sees sind wirklich enorm: knapp 8.300km²

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Immer noch 30.8., La Paz -> Copacabana

Auf dem Weg von La Paz nach Copacabana kann man den Titicacasee an der Estrecho de Tiquina überqueren, einer engen Stelle, die den Südteil des Sees vom Rest abschnürt. An der Ostseite der Estrecho angekommen, müssen alle Touristen den Bus verlassen und in ein kostenpflichtiges Wassertaxi umsteigen. Es wäre sicher interessant gewesen, wie die Indígenas im Bus sitzenbleiben zu dürfen, denn der wurde auf eine Fähre gefahren, die kaum größer war, als er selber.

Sieht irgendwie schief aus


Aber er kommt natürlich trotzdem sicher ans andere Ufer


In Tiquina begrüßt uns ein farbenprächtiger Inka-Häuptling


Abends komme ich dann in Copacabana auf etwa 3.800m Höhe an. (Das berühmte Copacabana in Brasilien ist übrigens nach diesem Wallfahrtsort benannt.) Ich gehe ins gute und günstige Hostal La Cúpula.

Der Hafen von Copacabana


Das "La Cúpula"

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30.8. La Paz – Paragliding

Um nach Cotapata zu kommen, wo ich mich mit dem Paragliding-Veranstalter treffe, soll ich mir morgens um 7:15h ein Auto heranwinken, das 2 Fähnchen auf der Motorhaube hat. Das ist ein PKW, der so viele Leute mitnimmt, wie reinpassen (z.T. auch hockend im Kofferraum), und eine feste Route fährt; also ein Mittelding zwischen Taxi und Kleinbus. Ich laufe die Hauptstraße 40min entlang, aber alle (ich habe den speziellen Namen für dieses Transportmittel vergessen) sind schon voll belegt. Um 7:40h nehme ich einen Kleinbus und komme 10min zu spät zu dem Treffen mit Huáscar. Wir sind 5 Leute, allerdings sind nur Greg & ich Kunden. Huáscar fliegt mit mir, Javier fliegt mit Greg, und Luiz fährt den Wagen von oben nach unten. Huáscar erzählt mir, dass er von den Agenturen z.B. in Sucre auch nur 380Bs bekommt, wenn dort jemand einen Flug bucht. Den Rest (bis zu 700Bs) streichen die selber für die Vermittlung ein. Von unserem Treffpunkt geht es noch gut 1 Std. weiter bis zu unserem Berg. Es ist eine total gute Stimmung und es herrscht, wie sonst bei vielen touristischen Veranstaltungen/ Touren üblich, überhaupt keine Hektik. Wir warten ganz entspannt, bis optimale Windverhältnisse herrschen, und dann geht es ab in die Luft.

Blick nach links Richtung La Paz

Blick nach rechts. Dort fliegen wir runter.

Warten auf den richtigen Moment

Probesitzen

Und dann geht es endlich los!

Yiiiiie-haaaaw!

Da unten fliegt Greg

Wir setzen zur Landung an und erschrecken dabei eine auf der Wiese angebundene Kuh (gibt`s nur als Video)

Ich könnte stundenlang da oben rumfliegen, aber nach 15min ist es leider schon vorbei. Greg & ich kriegen das Grinsen lange Zeit nicht mehr von unseren Gesichtern!

Javier, MK, Huáscar, Greg

Als ich Huáscar zum Abschied meine Mail-Adresse gebe (crazy-diamond), erzählt er mir, dass er Pink Floyd auf dem Live8 in London gesehen hat. Das 1. Mal seit 21 Jahren und das letzte Mal für immer in Originalbesetzung (wenn man mal von den ersten paar Jahren (’64-’68) mit Syd Barrett absieht). Dort muss er sich ähnlich gefühlt haben, wie ich jetzt gerade. GRINS!

Kurz vor meinem Hotel lasse ich mir von einem „lustrabote“, die hier in La Paz bei jedem Wetter Skimasken tragen, die Schuhe putzen.

Eine Stunde später, als ich am Busbahnhof auf meine Verbindung nach Copacabana warte, treffe ich ihn wieder und wir unterhalten uns eine halbe Stunde lang richtig nett. Außer seines Namens und seines Gesichts lerne ich eine Menge von ihm kennen (ehemals in Nähfabrik in Buenos Aires gearbeitet, dort seine Frau kennengelernt, 4 Jahre alte Tochter, verdient ziemlich wenig…).

 

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29.8. La Paz

Grundsätzlich ist es so, dass ich 5 Tage durch den Urwald trekken kann und mein Rucksack dabei nicht so dreckig wird, als wenn er wenige Stunden im Gepäckfach eines Busses liegt. Diesmal ist es allerdings wirklich ärgerlich, denn das 1. Mal, dass ich meinen Wasserkanister nicht oben IM Rucksack, sondern AUF dem Deckel befestigt habe, wird er im Gepäckfach durchgescheuert und ist leck. Ich miete mich wieder für eine Nacht im „Tambo de Oro“ gegenüber des Busbahnhofes ein. Die 24h-heiße-Dusche funktioniert und ist ein Genuss. Dann buche ich für den nächsten Tag einen Paraglidingflug – bei demselben Typen, der bis nach Sucre gefahren wäre – für 380Bs, und erkundige mich dann nach einer Möglichkeit, in den Nationalpark Apolobamba zu kommen. Das geht aber nur auf eigene Faust, und allein der Hinweg dauert von La Paz aus angeblich mindestens 3 Tage. Die höchste Skipiste der Welt, bei Chacaltaya und in einer Höhe zwischen etwa 5.200 und 5.400m gelegen, gibt es übrigens nicht mehr. Der Gletscher ist so gut wie weg, da es kaum noch Niederschläge gibt, die ihn speisen könnten. Ich werde mich also stattdessen morgen Abend in Richtung Titicacasee aufmachen.

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Teil 2 der verschwundenen und wiedergefundenen Bilder

Perú – Parque Nacional Manú
Die Geschichte dazu (Ende Juli – Anfang August) habe ich ja schon erzählt und mit Fotos von Ian aufgewertet. Deshalb hier nur ein paar Stichworte zu den Bildern.
Auf dem Weg in den Park (4 Stunden mit dem Auto von Cuzco nach Osten bis zur Parkgrenze, dann weitere 4 Stunden durch den Park bis zum Anleger am Río Madre de Dios):

Wir fragten uns, was der Mann mit der Säge vor dem "Kaufe Gold und Silber"-Laden wollte

Aus der Mitte entspringt ein Fluss

Die erste Nacht in einem der wenigen Dörfer im Park:

Erst seit kurzem mit Strom versorgt, haben die Insekten des Dorfes eine neue Nachtbeschäftigung

Besuch auf einer kleinen Farm:

Eine Frucht, die den Indígenas schon seit Jahrhunderten...

...als Farbstoff, z.B. für Körperbemalungen, dient. Geht übrigens ziemlich schwer wieder ab.

Keins der Tiere auf der Farm...

...wird angebunden oder eingesperrt.

Sie könnten jederzeit in den Urwald abhauen,...

...werden aber zu gern gestreichelt und gehätschelt!

Im Urwald:

Aus diesem Stumpf eines Papaya-Baumes sammelten wir leckere Maden.

Wir fanden sie roh besser als gebraten (und "besser" heißt nicht unbedingt "gut")

Unsere Köder fanden die Fische lecker.

Erfolgreich war aber nur Ian. Er fing einen Elektroaal und einen Wolfsfisch.

Der Hochstand tief im Wald, von dem aus wir Tapire beobachten wollten. Aber es kamen keine. Stattdessen die größte Kakerlake, die ich je sah (ohne Abb.).

Einige Hindernisse konnten nur kletternd überwunden werden

Brettwurzeln eines Baumriesen

So, das nur zwischendurch. Ab jetzt geht es wieder chronologisch weiter.

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Gute Neuigkeiten!

Beim Aufräumen meines Telefons habe ich einen Ordner mit vermeintlich zerstörten/ gelöschten Bildern aus dem Juli wiedergefunden, die größtenteils wiederhergestellt werden konnten. Hier also ein Sammelsurium mit Bildern aus Perú.
Ich könnte auch sagen:

Aus einer Speisekarte in Nazca

Nazca:

Mit dieser Cesna ging es zum Flug über die Nazca-Linien. Zum Glück habe ich erst danach erfahren, dass im Vorjahr 10 Kleinflugzeuge abgestürzt sind...

Der Kolibri. Eins von diversen Tierbildern, die neben geometrischen Figuren und anderen Darstellungen die Flächen um Nazca seit vielen Jahrhunderten schmücken. Einen super Artikel dazu gibt es in der National Geographic von Januar 2011, eine Kurzform unter nationalgeographic.de/nasca

Mumien in der Nähe von Nazca:

Die Mumien wurden alle mit dem Gesicht nach Osten - gen aufgehender Sonne - gefunden

Dreadlockige Mumien, vermutlich Schamanen

Auf dem Weg von Nazca nach Cuzco:

Da es in Perú in den Bussen keine Klos gibt, ist man auf die Zwischenstopps angewiesen. Frauen genießen den Vorteil, dass ihnen auch Duschen angeboten werden.

Direkt daneben wird das Essen zubereitet. Es gibt Huhn.

Cuzco:

Eine Parade auf dem Plaza de Armas

Wer auf Frauen in Uniformen steht...

...oder auf Star Wars!

Meerschweinchen MUSS man einfach mögen!

Am Besten gut durch!

Liebevoll angerichtet und mit einem kühlen Bier dazu

Nachdem der Koch gesehen hatte, wie doof ich mich beim Essen anstellte, zerhackte er es für mich in handliche Sücke

Es war immer noch mühsam. Und die Haut nicht wie erwartet knusprig, sondern verdammt zäh.

"Auf Wiedersehen!"

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28.8. Tarabuco und Sucre

Um 9h geht’s los auf den Sonntagsmarkt nach Tarabuco. Die Fahrt dauert 1,5 Std., und als wir ankommen müssen die meisten erstmal aufs Klo. Eine Frau sitzt mit ihren beiden Kindern in einer kleinen Bude am Eingang und kassiert Eintritt. Es gibt kein fließendes Wasser und offenbar hat sich bisher niemand die Mühe gemacht, aus den im Hof stehenden Behältern etwas Wasser zum spülen zu benutzen.

Man hat die Wahl zwischen Pest...

...und Cholera. Positiv anzumerken ist allerdings das Vorhandensein von Klobrillen. Davon habe ich während der gesamten Reise nur etwa ein Dutzend gesehen. In den meisten Reiseführern steht, dass man genug Klopapier mitnehmen sollte. Das gibt es aber fast überall zu kaufen. Ich würde eher empfehlen, immer eine portable Klobrille am Gürtel zu haben.

Ich rege an der Kasse an, nicht nur Geld zu kassieren, sondern auch ab und zu mal die Klos zu reinigen, wofür ich schallendes Gelächter ernte.
Dann zeigt uns der Guide die verschiedenen Bereiche des Marktes. Auf dem Dorfplatz steht ein Denkmal für den anfangs erfolgreichen Widerstand der Indígenas gegen die Konquistadoren. Dem spanischen Soldaten wurde das Herz (der Sitz des Bösen) herausgerissen und es steht kurz davor, verspeist zu werden.

In einem Innenhof von etwa 400 – 500m² werden alle möglichen Lebens- & Nahrungsmittel angeboten. Hier kauft unser Guide Kräuterzigaretten und Kokablätter für alle zum probieren. Danach haben wir ein paar Stunden Zeit zum umsehen, bevor wir uns zum Mittagessen im Restaurant Samay Wasi treffen wollen. Der Markt ist schön und vielfältig, die Verkäufer sind nicht so aufdringlich wie in den täglich geöffneten Mercados (große Hallen mit vielen Ständen) in den Städten, und das Feilschen macht hier richtig Spaß.


Es gibt viele Ponchos im Tarabuco-Stil. Der gefällt mir aber nicht: zu bunt und zu viele Fransen. Dann sehe ich meinen Poncho: natürliche, erdige Farben, festes Material, längs gestreift, dezentes Muster.

Der Verkäufer will 800Bs. Bis auf 600 bekomme ich ihn im 1. Anlauf runter. Dann gehe ich wieder, setze mich auf die zentrale Plaza und mache Inventur. Ich habe noch gut 400Bs, außerdem ein paar US$. Einen Bankautomaten gibt es hier nicht – da hatte ich eigentlich fest mit gerechnet, wenn die hier regelmäßig Touris ankarren. Also kaufe ich erstmal was kleines – weil ich vermute, dass ich nach dem Ponchokauf pleite sein werde -, nämlich 2 Paar Alpakasocken. Der Verkäufer geht von 60Bs auf 55 runter. Weniger ist nicht drin. Ich will aber nur 50 bezahlen. Wir feilschen über Qualität, Verarbeitung usw., aber er besteht auf 55. Erst als ich gehe ruft er mir hinterher, verkauft mir die 2 Paar für 50Bs und reicht mir die Hand. Er hatte offensichtlich ebensoviel Spaß an unserem Handel wie ich. Das war eine gute Einstimmung auf meinen 2. Anlauf beim Ponchoverkäufer und ich habe bereits einen Plan. Ich biete ihm 500Bs, z.T. in Bolivianos, z.T. in US-Dollar. Es geht lange hin und her. Seine Frau habe 80 Tage daran gearbeitet; nochmal überziehen; der Halsausschnitt ist etwas eng; alles natürliche Farben; ich hätte ihn gerne etwas länger; sehr robustes Material usw. Letztlich zahle ich 530Bs (knapp 60€; später in Perú werde ich mehrfach von Einheimischen auf den Poncho angesprochen und mir wird bestätigt, dass der Preis durchaus reell ist). Der Verkäufer fragt woher ich komme, nimmt mich in den Arm, und zum 2. Mal habe ich den Eindruck, dass wir beide nicht nur am Geschäft, sondern auch am Handelsprozess unsere helle Freude hatten.

Auf dem Weg zum Samay Wasi:

Zwei Schweinchen auf dem Weg nach Hause

Im Samay Wasi:

Zwei Kinder des Hauses zeigen einen traditionellen Tanz. Der Junge trägt einen typischen Tarabuco-Poncho.

Gegen 16:30h kommen wir wieder in Sucre an. Mein Bus nach La Paz fährt bereits um 19:30h, aber vorher will ich noch rauf zum Aussichtspunkt La Recoleta. Christian, einer der Teilnehmer der Tarabuco-Tour, begleitet mich. Je mehr wir uns austauschen, desto mehr Gemeinsamkeiten entdecken wir. Es ist fast schon unheimlich. Da ist die Tatsache, dass er es war, der im Hostal in mein Zimmer ziehen sollte (s. 27.8.), geradezu zwingend. Oben angekommen essen wir jeder einen großen Eisbecher und sehen hinunter auf die Stadt.

Dann muss ich auch schon zurück zum Hostal, meinen Rucksack abholen und dann zum Busbahnhof. Zum 1. Mal seit meinem Flug Panamá-Perú wird mein Rucksack gewogen. Weil ich in La Quiaca 2 Mülltüten mit „Dingen, die ich eigentlich gar nicht brauche“ ausgemustert habe, kommt der Rucksack auf „nur noch“ 27kg. 7kg Übergepäck, ich soll 14Bs zahlen. Obendrauf ist mein faltbarer 5-Liter-Wasserkanister mit einem Rest Wasser drin. Ich sage, dass ich den eben auskippe, dann würde ich bestimmt noch 1kg los. Da muss ich plötzlich nur noch 10Bs zahlen – inkl. Wasser.

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27.8. Sucre

Um 5:30h, ich habe gefühlte 10min geschlafen, kommen wir in Sucre an. Ich suche mir ein Hostal der Kette Hostelling International nahe dem Busbahnhof, wecke den Nachtwächter und bekomme ein kleines Zimmer mit eigenem Bad. Erstmal hole ich ein bisschen Schlaf nach, dann gehe ich duschen. Es ist – wie oft hier (wenn überhaupt) – eine elektrische Dusche, die mit Strom warmes Wasser produziert. Das heißt meistens: viel Wasser = trotzdem kalt; leichtes Plätschern = lauwarm. Ich bin gerade komplett eingeseift, da höre ich ein Klicken in der Wand. Offensichtlich eine Sicherung, denn das war’s mit lauwarmem Plätscherstrahl. Das Wasser wird eiskalt. Dann höre ich, wie jemand mein Zimmer aufzuschließen versucht. Ich gehe zur Tür, bekomme sie aber auch von innen nicht auf. Nach mehreren Versuchen schaffe ich es doch und sehe den Hostalchef vor mir. Er fragt nach meinem Namen und behauptet dann, es hätte jemand für mich angerufen, aber ich sei doch nicht der Richtige. Später erfahre ich von Christian, den ich am nächsten Tag beim Besuch des Marktes in Tarabuco kennelerne, dass der Hostalchef mein Zimmer an ihn vermieten wollte und nicht wusste, dass ich darin wohne.
Ich verlasse das Hostal, um mir die Dino-Fußabdrücke im Parque Cretácico anzusehen, und bitte an der Rezeption, sich in der Zwischenzeit um mein Türschloss zu kümmern. Der Dinopark ist gut aufgemacht, mit zahlreichen lebensgroßen Modellen, Geräuschkulisse und im Eintrittspreis inbegriffenem Führer.




Die etwa 5.000 Fußabdrücke von mindestens 8 verschiedenen Spezies, die auf dem Gelände der den Park umgebenden Zementfabrik gefunden wurden, sind jedoch nur aus der Ferne zu betrachten, was ein bisschen enttäuschend ist.

Natürlich sind die Tiere nicht die Wand hochgelaufen, sondern die ehemals plane Oberfläche wurde im Laufe der Jahrmillionen hochgedrückt. Durch ein Münz-Fernglas kann man die Abdrücke dann doch noch etwas genauer betrachten – und sogar fotografieren.


Auf dem Weg zurück zum Hostal sehe ich noch eine Szene, die ich irgendwie nicht begreife:

Was macht man bitte auf dem Bauch liegend unter einem Auto?

Wieder im Hostal bekomme ich die Tür nun auch nicht mehr von außen auf. Der Hostalchef macht einen schlechten Scherz, ein brennendes Hostal und meine nicht funktionierende Tür betreffend. Ich hole Pedro, den Hausmeister, heran, der alle Schrauben etwas nachzieht. Mit Schwung und Körpereinsatz geht die Tür nun von beiden Seiten auf. Dann laufe ich runter ins Zentrum, will ein Fahrrad bzw. Motorrad leihen, einen Paraglidingflug und eine Tagestour auf den Sonntagsmarkt in Tarabuco buchen. Nachdem meine Jacke weg ist, will ich mir nun endgültig den schon längst überfälligen Poncho kaufen. Außerdem habe ich ein weiteres Paar dicke Socken durchgelatscht und brauche Nachschub. Jede zweite Agentur bietet geführte Motorradtouren an, aber einfach nur ein Motorrad leihen kann man nicht. Ein Fahrrad kostet 30Bs/Std. Als ich nach einem Rabatt frage, wenn ich ein Fahrrad einen ganzen oder auch drei Tage miete, zückt die Dame den Taschenrechner: 30*24 = 720Bs (77€) für einen Tag, und damit doppelt so teuer wie ein Motorrad in Perú. Und Rabatt? Gibt es nicht! Ein Paraglidingflug kostet zwischen 600 (ab 4 Pers.) und gut 1.000Bs (1 Pers.), weil der Veranstalter extra aus La Paz anreisen müsste. Außerdem hat sich außer mir niemand für einen Flug angemeldet. Bleibt noch der Marktbesuch, den ich auch gleich für 35Bs buche.
Grundsätzlich hat die Hauptstadt Boliviens (Sucre auf dem Papier, aber eigentlich ist La Paz die Hauptstadt in den Köpfen) das Problem, dass keiner der Anbieter eigenes Equipment besitzt und deshalb absolut unflexibel ist. Ein Ort, den ich mir beim nächsten Mal auf jeden Fall sparen würde.

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La Quiaca -> Villazón -> Sucre

Hat’s offensichtlich. Weiter im Text.
An der Grenze nach Bolivien wird – außer der Papiere – nichts kontrolliert. Trotzdem muss ich in der Fußgängerschlange ca. 45min warten, da vor mir eine Gruppe von etwa 15 Personen dran ist, deren Passkontrolle extrem lange dauert. Eine Art Reiseleiterin (obwohl die Leute nicht gerade wie Urlauber aussehen) ruft immer wieder Namen auf und aus der Gruppe gelangweilt bis genervt guckender Leute treten immer wieder einzelne Personen hervor und gehen an das Schalterfenster – einige auch mehrmals. Endlich über die Grenze muss ich dann in Villazón, der bolivianischen Schwesterstadt von La Quiaca, noch 1km bis zum Busbahnhof laufen. Der Bus nach Sucre fährt um 17h und braucht 12,5 Stunden. Ich habe also noch ein paar Stunden Zeit und laufe durch die Straßen.

Dieser nette Herr bemüht sich nach Kräften, einem streunenden Hund etwas essbares aus einer Mülltonne zu beschaffen. Dafür muss er aber noch weiter rein!

In den ersten drei Internetcafés sagt man mir, dass es kein Internet gibt. Ich denke dass die ganze Stadt heute vielleicht kein Netz hat und gehe erstmal was essen. Der Wirt fragt „¿Almuerzo?“ („Mittagessen?“). Ich nicke und warte auf die Karte. Aber almuerzo ist almuerzo. Ich bekomme ein Stück Brot mit etwas Salat, dann eine Kartoffelsuppe mit Fleischeinlage und schließlich Hühnchen mit Reis und Gemüse. Es geht Schlag auf Schlag. Kaum habe ich das Brot aufgeschnitten, kommt die Suppe. Nach drei Löffeln Suppe kommt das Huhn. Wie immer bestelle ich mir dazu eine Limonade (und meistens bekommt man dann ein mehr oder weniger süß und/oder sauer schmeckendes Getränk aus mehr oder weniger frischen Zitronen), aber es gibt nur Sprite in der 1/2-Liter-Flasche. Ich zahle 22 Bolivianos =2,35€ (davon wahrscheinlich die Hälfte für’s Getränk) und will die halbvolle Flasche mitnehmen. Das geht aber nicht, denn auf die Flasche gibt es Pfand. Ich bin gerne bereit das Pfand mitzubezahlen und frage wiederholt nach dem Preis, bekomme aber keine verwertbare Antwort. Dann macht der Wirt den Vorschlag, dass er mir eine Tüte geben könnte. Ich denke, jetzt habe ich ihn überzeugt. Da man hier für alles was man kauft eine Tüte bekommt, sage ich ihm, dass ich keine Tüte für die Flasche brauche. Aber er hat anderes im Sinn…

...und füllt mir die Sprite in eine Tüte um.

Bei meinem letzten Anlauf, ein Internetcafé mit Internetanschluss zu finden, habe ich dann doch noch Glück.

Als es endlich 17h ist, beginnt die schlimmste Busfahrt meiner bisherigen Reise – nein, meines Lebens. (Ja, die Fahrt nach Potosí wurde noch übertrumpft!) Aber vor einer so langen Busfahrt geht man besser nochmal auf’s Klo, denn die gibt es hier in den Bussen nicht.

Danke für den Hinweis, weder auf den Boden zu urinieren noch zu kotzen!

Die Busfahrt: In einem kalten Bus kann man sich ja diverse Klamotten anziehen und Decken mitnehmen, aber sich in einem heißen Bus nackig zu machen ist ja leider nicht so angesagt. Die Luft lässt sich schneiden, riecht nach Schweiß, Furz und gelegentlich kommt ein Schwall von Koka und diversen Lebensmitteln vorbeigezogen. Die Sitze sind unglaublich eng, weshalb ich meine Jacke in die Gepäckablage stopfen muss. Der Typ neben mir hat offensichtlich Schlaftabletten genommen und schläft schon, bevor wir abfahren. Die Straße ist in einem erbärmlichen Zustand und man wird ziemlich durchgeschüttelt. Die Musik ist so laut, dass eigene Musik und Kopfhörer nicht dagegen ankommen. Um 20:30h machen wir unsere erste und einzige Pinkel- und Essenspause und ich versuche ohne Erfolg meinen Nachbarn zu wecken. Als ich wieder einsteige ist meine Jacke geklaut.

Nach der Pause wird die Musik ausgestellt und die meisten Leute versuchen zu schlafen. Ich hingegen versuche, den Diebstahl und die widrigen Umstände mit entspannter Musik zu kompensieren. Es läuft gerade Johnny Cash’s „The talking leaves“, da fällt mir ein Karton mit Lebensmitteln aufs Gesicht. Mein komatöser Nachbar schreckt hoch, beugt sich über mich, sammelt die Sachen zusammen, stellt den Karton zwischen seine Beine und schläft schon wieder; diesmal mit gespreizten Beinen, was mir überhaupt keinen Platz mehr lässt. Mit aller Kraft drücke ich sein Bein wieder auf seine Seite. Dann kommt der Ersatzbusfahrer in den Fahrgastraum, setzt sich mit Schwung in den freien Sitz in der ersten Reihe direkt vor mir, zieht schon im Zurückfallen den Rückenlehnenhebel und quetscht meine Beine endgültig ein. Ich stoße in einem Reflex seine Lehne unsanft wieder nach vorne. Er versucht noch zwei weitere Male seine Lehne nach hinten zu machen, aber ich lasse ihn nicht. Als er sich umdreht und fragt was das Problem ist, mache ich ihm – inzwischen dann doch schon leicht gereizt – klar, dass meine Beine auch etwas Platz benötigen und er auf gar keinen Fall seine Lehne zurückmachen kann. Dann setzt er sich irgendwo hinten im Bus auf einen freien Platz.

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